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Die Grünen und die Flüchtlinge.

Bei der Diskussion „Die Grünen und die Flüchtlinge“ am 17. März ging es einerseits um allgemeine Fragen der Asylpolitik, sowie das Agieren der Grünen in der Flüchtlingskrise. Zu Gast waren Anny Knapp (Asylkoordination) und Faika El Nagashi (die Grünen).

Die Genfer Flüchtlingskonvention und subsidiärer Schutz.
Knapp sammelt Fragen aus dem Publikum, um die Diskussion offen zu halten. Eingangs kommt die kritische Frage nach der Solidarität der arabischen Staaten auf. Knapp bemerkt, dass es sich hierbei um einen Punkt handle, der oft von der FPÖ aufgegriffen wird, nach dem Motto: „Sollen sich die anderen doch kümmern.“ De facto sei dies kein Argument für Staaten, die die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert haben, denn die sieht solche Einschränkungen nicht vor. Das „Abkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen“ definiert einen Flüchtling als jemanden, der aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund seiner politischen Überzeugung das Land verlassen hat.

Die Türkei habe die Genfer Flüchtlingskonvention nur mit regionalem Vorbehalt unterschrieben, so Knapp. Flüchtlinge haben damit Gaststatus und nicht dieselben Rechte wie in der Konvention festgehalten. Das mache die derzeitigen Verhandlungen mit der Türkei noch bedenklicher, werde medial aber kaum vermittelt. Bis jetzt habe sich das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) um die Flüchtlinge in der Türkei gekümmert.

Wenn in einem Herkunftsland die körperliche Unversehrtheit bedroht ist durch Krieg oder Naturkatastrophen, dann muss Flüchtenden subsidiärer Schutz gewährt werden. Subsidiärer Schutz gründet sich auf Artikel zwei und drei der Menschenrechtskonvention und verbietet eine Abschiebung.

Drei Schritte.
Ein Asylverfahren prüft den Status der Asylwerber*innen in drei Schritten. Trifft einer der fünf Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention zu, dann ist ein anerkannter Flüchtlingsstatus die Folge. Ansonsten muss geprüft werden, ob die Person überhaupt abgeschoben werden darf. Wenn auch der subsidiäre Schutz nicht greift, dann wird geprüft, ob einer Person Aufenthaltsrecht (Art.8, EMRK) gewährt werden kann. Hier werden beispielsweise Familienbindungen berücksichtigt.

Der Asylstatus bedeutet unbefristetes Aufenthaltsrecht. Es werde jedoch darüber diskutiert, dieses vorerst auf drei Jahre zu beschränken. Hierbei handle es sich um Politiken, die darauf abzielen, Flüchtlinge abzuschrecken. Subsidiärer Schutz ist derzeit auf ein Jahr befristet, wobei ein Antrag auf Verlängerung gestellt werden kann. Flüchtlinge, die subsidiären Schutz erhalten, sind bei Sozialleistungen im Nachteil. Sie bekommen, wie Asylwerber, nur Grundversorgungsleistungen.

Grüne Asylpolitik.
Die Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete Faika El-Nagashi erläutert grüne Positionen und Forderungen in der Asylpolitik. Man könne unterscheiden zwischen der Bundesebene, der Wiener Ebene und allgemeinen Haltungen, aber auch Initiativen, bei denen sich Bürger*innen einbringen können. Viel passiere bereits im grünen Kontext an Initiativen, Patenschaftsprojekten etc.

Auf Bundesebene fordern die Grünen eine gemeinsame europäische Asylpolitik, da das Dublin II- Abkommen nicht mehr funktioniere, so El Nagashi. Man brauche gemeinsame Standards, eine menschenwürdige Versorgung und eine grundsätzliche Willensbekundung zur Aufnahme.

Aus dem Publikum kommt der Einwand, dass es in dem Fall aber auch einen Willen zur Integration geben müsse. El Nagashi stellt die Frage, ob das nicht so wäre? Aus ihrer Erfahrung könne sie berichten, dass Angebote, die eine Tagesstruktur geben, von Deutschkursen bis zu Schwimmunterricht, gerne angenommen werden. Sie habe den Eindruck, dass ein großer Wille da sei, Österreich als neue Heimat anzunehmen. Eine Frau aus dem Publikum bemerkt, dass den Flüchtlingen auch Zeit gegeben werden müsse, um zu verstehen, was es bedeute in Österreich zu leben. Es handle sich um größtenteils traumatisierte Menschen, die einen kompletten sozio-kulturellen Umbruch erleben. El Nagashi fügt an, dass deshalb die Schaffung von Begegnungsräumen wichtig sei: „Wenn man Menschen kennenlernt, verschwinden Vorurteile gegenüber einer großen, anonymen Gruppe.“

Eine Frau meint, dass es den Anschein habe, dass die Verständigung mit den Flüchtlingen im kleinen Rahmen besser klappe. Dem stimmt El Nagashi zu. Informationen seien wichtig und dafür seien große Unterkünfte suboptimal. Derzeit gibt es drei große Unterkünfte in Wien, im Geriatriezentrum, in der Vorderen Zollamtsstraße und im 21. Bezirk. Die großen Zentren sind eine Lösung auf Zeit und auch hier gebe es bereits Angebote, so El Nagashi. Im Geriatriezentrum haben die Bewohner beispielsweise die Initiative Refugees for Refugees gegründet, um eigenständig Projekte auf die Beine zu stellen.

Integration ab Tag 1.
„Start Wien“ ist eine Initiative der Stadt Wien. Mehrmals wöchentlich werden muttersprachliche Informationen zu Gesundheit, Bildung, Wohnen und Zusammenleben zur Verfügung gestellt. Ein anderes Projekt ist die Wiener Charta, die vor ein paar Jahren in Diskussionen und Workshops mit Migrant*innen und Österreicher*innen erarbeitet wurde. Hier wurden Punkte, die im Zusammenleben in Wien wichtig sind, erarbeitet. Jetzt wird diese Charta reaktiviert und mit Flüchtlingen diskutiert. So werden Rahmenbedingungen des Zusammenlebens partizipativ vermittelt.

Die Stadt Wien steht für Integration ab Tag eins, Deutschkurse sollen beispielsweise schon für Asylwerber angeboten werden. Das sei vor allem bei der jetzigen Dauer der Asylverfahren wichtig und werde gerade durchgesetzt, so El Nagashi.

Integrationspolitik sei aus grüner Perspektive Bildungspolitik und emanzipatorische Politik. Es wurde ein rot-grünes Schulpaket beschlossen, welches vorsieht, dass alle Kinder schnellstmöglich eingeschult werden. Aus diesem Grund gibt es Vor-Ort-Klassen in den Unterkünften, wo die Kinder übergangsweise unterrichtet werden. Zum Thema unbegleitete Jugendliche bemerkt El Nagashi, dass Unternehmen eigentlich sehr unterstützend seien und oft auf der Suche nach Auszubildenden. Diese sollten deshalb mehr einbezogen werden. Die Stadt Wien arbeite im Hinblick auf Ausbildungsangebote gerade an einem Modulsystem, welches Wissenslücken schließen soll. In der Integrationspolitik überschneiden sich grün-rote Zugänge. Integration bedeutet nichts anderes als Partizipation, so El Nagashi.

Die Autorin Sarah Nägele hat Internationale Entwicklung und Publizistik an der Uni Wien studiert und ist Mitglied des Redaktionsteams der GBW.