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Die Stadt der Zukunft.

Stadt aktiv mitgestalten – kann ich das? Wo gibt es Freiräume und Möglichkeiten und wie können die genutzt werden? Diese und andere Fragen rund um das Thema urbane Lebensräume standen bei der Tagung „Zukunft Stadt“ am 12. März im Zentrum.

Das Programm bot Vorträge, Diskussionen und Workshops zu Themen wie „Urban Commons“ oder „Stadtentwicklung von unten“. Im Anschluss daran wurden nachmittags Ideen und Ansätze im Rahmen einer offenen Podiumsdiskussion nochmals reflektiert.

Möglichkeitsräume.
Eingangs referiert der Landschaftsarchitekt Thomas Kerekes über Möglichkeits- und Handlungsräume im urbanen Raum. Er weist darauf hin, dass die jetzige Zeit voller Veränderungen stecke und neue Formen von urbaner Politik begünstige. Dies sei die Zeit, um sich zu überlegen wie man ein Gegengewicht zur ökonomischen Bestimmung der Gesellschaft schaffen könne. Gerade Städte, die nach wie vor starken Zuwachs erhalten, bieten viele Chancen. Denn hier können Möglichkeitsräume entstehen, deren Funktion wandelbar und offen ist. Das umfasst Themen wie Mobilität (shared mobility) aber auch Urban Gardening, Coworking spaces, Leerstandsnutzung etc. Gerade der vergangene Sommer in Wien habe gezeigt, dass Freiräume eine schnelle Umsetzung von Projekten ermöglichen und so Keimzellen gesellschaftlichen Wandels sein können, so Kerekes. Der derzeitige Spätkapitalismus werde immer instabiler, da können urbane Räume ein stabiles Korrektiv sein.

Elke Rauth (dérive – Verein für Stadtforschung) moderiert die anschließende Diskussionsrunde. Außer Thomas Kerekes nehmen Susanne Nückel (Bezirksrätin die Grünen Wien), Maria Vassilakou (Vizebürgermeisterin) und Jennifer Kickert (Gemeinderätin der Grünen) teil.

Bottom-up versus Top-down.
Rauth fragt Vassilakou, inwiefern sie glaube, dass Bottom-Up Initiativen Eingang finden in städtische Politik? Vassilakou meint, dass hier verschiedene Punkte zu beachten seien. Zum einen sei gute Planung gefragt, denn marginalisierte Gruppen sollen nicht verdrängt werden. Und dann brauche es natürlich auch offene Räume. Die meisten Ansätze würden eher nach einem Top-Down Prinzip funktionieren und werden durch Selbstorganisation ergänzt, so Vassilakou. Das Ziel sei, dass Selbstorganisation nicht als bedrohliches Chaos wahrgenommen werde. Die Stadt solle besser nutzbar und zugänglich werden. Als positives Beispiel bürgerlicher Selbstbeteiligung nannte sie die Grätzelinitiative. Im Rahmen dieser können Bürger*innen kleine Projekte im Grätzel verwirklichen und dabei Unterstützung seitens der Stadt erhalten. Die Ideen reichen vom Schaffen eines Gartens auf einem Parkplatz bis zu Räumen ohne Konsumzwang, in denen die Nachbarschaft zusammenkommt.

Rauth kommt anknüpfend daran auf den Einfluss von Bürgerinitiativen und Petitionen zu sprechen: „Sind solche Dinge Impulsgeber für politisches Handeln?“ Bei Petitionen, die direkt an den Gemeinderat gereicht werden, bejaht Kickert dies, „da wird tatsächlich hingeschaut.“ Das geschehe vor allem bei Initiativen, die eine gewisse mediale Präsenz haben, aber auch bei speziellen Themen. Petitionen, die sehr zielgerichtet sind, hätten oft eher Erfolg.

Nückel merkt an, dass Alltagsleben und persönliche Bedürfnisse als Ausgangspunkt für urbane Partizipation gesehen werden müssen. Bei selbstverwalteten Räumen führe der Konsens zur Entscheidung, aber auch Mitspracherecht und zwischenmenschlicher Umgang müsse gelernt werden. Rauth fügt an, dass in einer Kultur des Wohlwollens auch Konflikte ertragreich sein können. Wenn urbane Räume als Experimentierräume genutzt werden sollen, dann stelle sich jedoch die Frage der Ressourcenknappheit, so Rauth weiter. Wo finden wir diese Räume?

Kerekes meint, man müsse „genau hinschauen und neue Nutzungsmöglichkeiten erfinden.“ Kickert merkt an, dass es viel Raum gebe, der nur zeitweise genutzt würde, beispielsweise Sporthallen oder Schulen. Man könne diese Räume institutionalisieren, denn im Grunde handle es sich hier um weitestgehend kommunalen Besitz, lediglich der Zugang fehle. Eine Arbeit, die die Stadt aber geleistet habe in den letzten Jahren sei beispielsweise die Ausarbeitung von Musterverträgen für Zwischennutzungen.

Die Zukunft der Politik.
Aus dem Publikum wird das Gespräch auf die Kinder- und Jugendparlamente in Wien gelenkt. Es sei ein politisches Versäumnis, dass manche Anfragen, in die die Kinder viel Mühe gesteckt haben, ohne verständliche Begründung abgelehnt werden. Durch solche bürokratischen Fallstricke schrecke man die nächste Generation von der Politik ab. Kickert stimmt zu, dass bei den circa zwanzig verschiedenen Kinder- und Jugendparlamenten in Wien oft die Aufrichtigkeit fehle. Wer mit Kindern und Jugendlichen etwas erarbeite, ohne diese ernst zu nehmen, der solle es besser lassen. Dabei erzählt sie aus eigener Erfahrung, dass es gerade für Politiker*innen ein schöner Lernprozess sein kann, sich auch mit vermeintlichen „Kleinigkeiten“ zu beschäftigen. „Dann ist man am Ende des Tages überrascht, dass man sich tatsächlich geeinigt hat“, merkt Kickert schmunzelnd an.

Kerekes kommt auf das Modell Bürger*innenhaushalt zu sprechen, bei dem Budget zur Verfügung gestellt werde, mit dem die Bürger*innen machen können, was sie wollen. Rauth merkt an, dass längerfristige Studien zu solchen Projekten ergeben hätten, dass das Geld meist sehr sinnvoll und im Interesse aller verwendet werde. Rauth möchte wissen, ob es Überlegungen für einen Bürger*innenhaushalt in Wien gebe und Kickert meint, dass es so etwas im 9. Bezirk gebe und es auch auf der Agenda der Grünen stehe. Der Allmende-Platz fehle bei solchen Projekten jedoch oft und Regulierungen werden immer mehr.

Kickert betont, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Beiträge möglich sind. „Überlasst die Stadt nicht der Politik, sondern mischt euch ein“, so die Gemeinderätin. Kerekes plädiert für „probieren und schauen“ im gegenseitigen Vertrauen. Abschließend wird Hannah Arendt zitiert: „Beteiligung entsteht da, wo eine Chance auf Veränderung besteht.“ In der Gestaltung urbaner Räume kann ziviler Ungehorsam geübt werden.

Die Autorin Sarah Nägele hat Internationale Entwicklung und Publizistik an der Uni Wien studiert und ist Mitglied des Redaktionsteams der GBW Wien.

Hier anschließend finden sich Präsentationsunterlagen, die von den Vortragenden zur Veröffentlichung bereitgestellt wurden (siehe bitte auch ).