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Tina Leisch wird Frau des Jahres.

Bereits zum 15. Mal ehren die Grünen Leopoldstadt am internationalen Frauentag die Frau des Jahres. In diesem Jahr ging der Preis an die Regisseurin und Aktivistin Tina Leisch.

Im Veranstaltungszentrum der VHS am Praterstern wurde im Rahmen des internationalen Frauentags am 8. März 2017  Tina Leisch zur „Frau des Jahres“ gekürt. Leisch beschreibt sich selbst als „Film-, Text- und Theaterarbeiterin“ und blickt auf eine lange Geschichte politischen Aktivismus´ zurück. Durch den Abend führte die Bundessprecherin der Jungen Grünen, Flora Petrik.

Zur Begrüßung betritt Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger die Bühne. Auch für sie sei es ein besonderer Abend, sagt sie, da sie die „Frau des Jahres“ erstmals als Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt ehrt. „Tina Leisch engagiert sich seit Jahrzehnten sozial und politisch. Sie gibt Menschen, deren Stimmen sonst nicht so laut gehört werden, die Möglichkeit durch Film und Theater selbst zu sprechen“, begründet Lichtenegger, warum die Wahl auf Tina Leisch gefallen sei. Kennen würden sich die beiden Frauen bereits seit 17 Jahren. Lichtenegger erwähnt in diesem Zusammenhang das gemeinsame Engagement für eine Straßenumbenennung im Stuwerviertel im 2. Bezirk. Die Forderung lautete, die Arnezhoferstraße in Selma-Steinmetz-Straße umzubenennen. Arnezhofer sei ein antisemitischer Hetzprediger, Selma Steinmetz hingegen Widerstandskämpferin gewesen, die sich auch mit der publizistischen Aufarbeitung der Verfolgung von Roma und Sinti in Österreich beschäftigte.
Besonders beeindruckt habe Lichtenegger ein weiteres Projekt Leischs im Stuwerviertel: Die Initiative „Lieber Rotlicht statt Blaulicht“ wollte auf polizeiliche Schikanen, denen Sexarbeiter*innen im Stuwerviertel ausgesetzt waren, aufmerksam machen und den Austausch zwischen Anrainer*innen und Sexarbeiter*innen fördern.
Schließlich gratuliert Lichtenegger Tina Leisch und allen im Saal anwesenden Frauen und schließt ihre Begrüßungsrede mit den Worten: „Der Wind, der uns Frauen momentan entgegenweht, ist wieder sehr rau. Unser Kampf geht weiter, denn wir sind noch nicht am Ziel!“

Theater und Aktionismus.
Tina Leischs politisches und soziales Engagement hat bereits lange Tradition in Wien. Zu Beginn der 1990er Jahre gründete sie gemeinsam mit anderen Aktivist*innen das „Volxtheater Favoriten“, das  nicht nur durch Theaterarbeit im klassischen Sinne, sondern vor allem durch künstlerisch-politische Interventionen im öffentlichen Raum bekannt wurde. Dazu zählte unter anderem das „Durchschwimmen des Donaukanals“ 1995: „Flüchtlinge“ aus dem 2. Bezirk schwammen durch den Donaukanal, um in den Bezirken der inneren Stadt Asyl zu finden.
Das Thema „Flucht“ zog sich auch durch weitere Aktionen und Theaterarbeiten von Tina Leisch. 2015 gründete sie gemeinsam mit den beiden Theaterschaffenden Natalie Assmann und Bernhard Dechant „Die Schweigende Mehrheit“. Im Rahmen dieser politisch-künstlerischen Interventionsgruppe entstand auch das Stück „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“. Als Schauspieler*innen standen Geflüchtete auf der Bühne, die im Sommer 2015 aus Syrien, Irak und Afghanistan nach Österreich gekommen waren.
Nun ist bereits das nächste Projekt in Arbeit, das sich mit dem Thema Flucht und Asyl auseinandersetzt: Am 9. Juni 2017 wird die Inszenierung „Traiskirchen. Das Musical“ im Volkstheater Premiere haben.

„Der Frauentag ist ein Kampftag!“
Auch Berivan Aslan, Nationalratsabgeordnete und Frauensprecherin der Grünen, gratuliert Leisch als Mitstreiterin im Kampf um Frauenrechte. Aslan erzählt auch von der gemeinsamen Bemühung um eine Frauenquote in der Filmbranche. „Der internationale Frauentag ist auch ein Kampftag!“, meint Aslan, und schließt sich somit ihrer Vorrednerin Uschi Lichtenegger an: Was Gleichberechtigung und die Gleichstellung von Frauen in Österreich betrifft, sei noch viel zu tun.
Nun bittet Flora Petrik Tina Leisch, Natalie Assmann und Sandra Selimovic auf die Bühne. Statt der klassischen Dankesrede der „Frau des Jahres“ findet nun ein Gespräch zwischen Leisch, Assmann und Selimovic auf der Bühne statt. Die drei Frauen verbindet nicht nur die gemeinsame Arbeit und das Theater, sondern auch eine enge Freundschaft. Assmann und Selimovic erzählen Anekdoten aus der Zusammenarbeit mit Leisch, die zum Nachdenken anregen und gleichzeitig für schallendes Gelächter auf der Bühne sowie im Publikum sorgen. Die Geschichten handeln vom gegenseitigen Kennen- und Schätzenlernen, der gemeinsamen Arbeit an Theaterprojekten mit Geflüchteten, Roma und jungen Männern in Strafanstalten, von Konflikten um Religion und von Festen mit Rotwein.

Solidarität statt Konkurrenz.
Am Ende des Gesprächs bedanken sich Selimovic und Assmann bei Leisch für die gemeinsame Arbeit, Inspiration und das Voneinander-Lernen. „Was wir heute brauchen, ist Solidarität unter uns Frauen statt Konkurrenz. Dazu braucht es aber auch die Unterstützung von euch Männern!“, appelliert Assmann abschließend an das Publikum.
Im Anschluss erhält Tina Leisch nun ihren Preis. Auch die Preisverleihung fällt aus dem gewohnten Rahmen. Traditionell wurde bisher gemeinsam mit dem Preisgeld die „Leopoldine“, eine Skulptur an die „Frau des Jahres“ überreicht. Leisch hatte jedoch einen anderen Wunsch: Hundert Tafeln Zotterschokolade sollen die Leopoldine ersetzen und an alle Menschen im Saal verteilt werden, die an einem von Leischs zahlreichen Projekten beteiligt waren. Das Preisgeld von 1.111 Euro spendet Leisch an „Die Schweigende Mehrheit“. Der Abend endet bei Speis und Trank mit musikalischer Untermalung von Tini Trampler und den Playbackdolls.

Die Autorin, Valentina Duelli, ist Mitglied im Redaktionsteam der Grünen Bildungswerkstatt Wien.