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COP 21 – was kommt, was geht, was bleibt?

Im Vorfeld des Weltklimagipfels COP 21, der am 30. November in Paris beginnt, gibt es eine breite zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung über Klimapolitik. Dass es effektive Maßnahmen braucht, um den Klimawandel zu stoppen, bezweifelt niemand. Wie diese aussehen sollten, ist jedoch auch innerhalb der Zivilgesellschaft und NGO-Szene umstritten.

Zivilgesellschaftliche Lösungsvorschläge wurden am 17. November 2015 in der Ringvorlesung „Klimapolitik in der Sackgasse?“ der Initiative „System Change not Climate Change“ diskutiert. Am Podium vertreten waren Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher GLOBAL 2000, Karl Schellmann, Klimareferent WWF Österreich, Alexandra Strickner, Ökonomin aus dem Vorstand von Attac Österreich, und der Klima- und Energiesprecher von Greenpeace CEE, Adam Pawloff. Durch den Abend führte Irmi Salzer von der ÖBV-Vía Campesina Österreich.

Niedrige Erwartungen – die Hoffnung stirbt zuletzt?
Irmi Salzer zog gleich zu Beginn eine ernüchternde Bilanz: Bei den Klimaverhandlungen der letzten Jahre ist nicht viel vorwärts gegangen, einem Begleitpapier des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) zur Folge wird es auch in Paris kaum ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen geben. Was sind da die Erwartungen an die COP 21? Adam Pawloff gibt sich “vorsichtig optimistisch”. Auch wenn die bisherigen Pledges (Zusicherungen) der Regierungen nicht ausreichend sind, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, sei auf globaler politischer Ebene eine neue Dynamik zu beobachten: Im November 2014 legten China und die USA erstmals gemeinsame Verpflichtungen vor. In Kanada und Australien – bekannt als Bremsen der Klimapolitik – gab es Regierungswechsel. Alle NGOs sind sich einig, dass die jetzigen Verpflichtungen nicht weit genug gehen und dass es Druck der Zivilgesellschaft braucht, „damit die Politik ihre Hausaufgaben macht“, wie es Uhrig ausdrückte. Um die Verhandlungen als Erfolg zu bezeichnen, brauche es vor allem ein verbindliches Abkommen mit überprüfbaren Zielen.

Wirtschaftspolitik als Klimapolitik.
Attac – als Teil der System Change Not Climate Change-Bewegung – verfolgt einen anderen Ansatz. Die Bewegung hegt keine Hoffnungen und Erwartungen an den Klimagipfel, denn die grundlegenden Ursachen des Klimawandels werden dort nicht diskutiert. Diese liegen im kapitalistischen Wirtschaftssystem, welches nicht zur Debatte steht. „Wirkliche Klimapolitik wird in der Wirtschaftspolitik gemacht“, so Strickner. Durch Abkommen wie TTIP oder die European Partnership Agreements (EPAs) wird der Güterhandel angekurbelt und somit auch CO2-Emissionen. Entscheidend sei die Machtverschiebung zu Gunsten transnationaler Konzerne. Diese zeigt sich bereits im Handelsabkommen NAFTA zwischen den USA und Kanada: Es kam bereits zu Klagen von US-Konzernen gegen Kanada aufgrund von Umweltstandards. Der Investorenschutz, welcher auch als Teil von TTIP verhandelt wird, schränkt die Möglichkeit von Staaten massiv ein, Umweltpolitik zu machen. Ein weiteres Beispiel für klimarelevante Politik ist die gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP). Sie fördert nicht Agrarökologie, sondern eine weitere Industrialisierung der Landwirtschaft, die auf Erdöl basiert. Zudem bräuchte es einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, nicht nur zwischen urbanen Zentren. Das ist mit einer Liberalisierung des Bahnverkehrs jedoch nicht möglich. Um Klimapolitik als gesellschaftspolitisches Thema zu platzieren, mobilisiert die Bewegung dennoch rund um die COP 21.

Die Wahl der Instrumente.
So gibt es zwei Wege, wie es Karl Schellmann formulierte: Man kann versuchen, das bestehende System zu verbessern oder es grundsätzlich zu verändern. Der WWF entscheidet sich für ersteren. Die Frage nach den geeigneten Instrumenten für eine effektive Klimapolitik zeigt die Divergenzen auch zwischen den NGOs auf. Der WWF positioniert sich nicht gegen bestimmte Instrumente, sondern plädiert dafür, dass sie gut gemacht sind. So sieht Schellmann das Versagen des Emissionshandels nicht als inhärentes Problem marktbasierter Instrumente, sondern in der schwachen Politik. Emissionshandel könne gut funktionieren, aber Unternehmen haben so viel Druck ausgeübt, dass sie Zertifikate gratis bekommen haben und so das System scheiterte. Strickner bezweifelt hingegen die Schwäche der Politik. In der Hypokrise, der Bankenkrise, aber auch nach den Anschlägen in Paris hat sie sich sehr präsent gezeigt. Das Problem ist vielmehr, welche Interessen wo im Vordergrund stehen. GLOBAL 2000 und Greenpeace lehnen marktbasierte Instrumente ab, ebenso wie Attac. Sie, aber auch der WWF, fordern eine Energiezukunft mit 100 Prozent erneuerbarer Energie ohne Fracking oder Atomkraft. Strickner macht jedoch deutlich, dass dies als Ziel allein nicht ausreicht: Die Frage, wer, wo und wie Energie produziert, muss ebenso mitgedacht werden. Es braucht Energiedemokratie, damit auch bei der erneuerbaren Energie nicht wieder die Konzerne das Sagen haben. Energiekämpfe in Österreich werden rund um die Erneuerbaren ausgetragen. Das zeigt sich im Widerstand gegen Staudämme oder Windkraftanlagen. Mit der Frage der Energieversorgung hängt die nach der Organisation unserer Wirtschaft und Gesellschaft zusammen.

Mobilisierung – Was können wir erreichen?
Alle Organisationen mobilisieren sowohl in Paris als auch in Österreich dafür, auf die Straße zu gehen. Für Strickner steht fest: „Wir wollen eine System Change not Climate Change-Bewegung in Österreich aufbauen. Paris ist ein Moment – danach geht es weiter“. Doch welche Druckmittel gibt es, wird aus dem Publikum gefragt. „Wir sind ganz viele“, antwortet Uhrig. Dass zivilgesellschaftlicher Druck erfolgreich sein kann, zeigt zum Beispiel, dass die EU-Saatgutverordnung dank massiver Proteste gekippt wurde. Auch Adam Pawloff zeigt sich optimistisch: Shell zog seine Ölbohrungen in der Arktis zurück, die OMV ihre Lizenz für Bohrungen in der Adria, und die Key Stone-Pipeline in den USA wird nicht gebaut. Strickner betont, dass es wichtig ist, sich mit jenen zu verbünden, gegenüber denen sich Politiker*innen verantwortlich fühlen – wie Gewerkschafter*innen oder Bäuer*innen. Widerstand hat dabei viele Gesichter. Er zeigt sich in Protest gegen Infrastrukturprojekte wie den Lobau-Tunnel, im Aufbau von Alternativen wie Foodcoops oder Reparatur Cafés, sowie im politischen Kampf. „Wir müssen uns nur bewusst werden, dass es möglich ist“, ermuntert Pawloff abschließend.

Die Autorin, Linnéa Richter, hat Internationale Entwicklung studiert und ist Mitglied des GBW-Redaktionsteams.