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Zusammen wachsen: Der Pfad zu Asyl

GBW Minderheiten, Grüne MigrantInnen Wien, Grüne Frauen Wien und die Wiener Landtagsabgeordnete Faika El-Nagashi organisierten diese erste von vier Veranstaltungen aus der Reihe „ZusammenWachsen“. Diesmal mit Franziska Perl als Expertin, Rechtsberaterin bei Asyl in Not.

Obergrenze, Notverordnung, subsidiärer Schutz oder Dublin III sind allgegenwärtige Begriffe rund um Asyl. Um die Grundlagen des Asylsystems zu verstehen, fand  am 20. Oktober im Grünen Haus in der Lindengasse ein Workshop zum Thema Asylverfahren und Notverordnung statt.

Basics.

Franziska Perl begann mit den Asyl in Österreich-Basics. Zulassungsverfahren, inhaltliches Verfahren und Rechtsmittelverfahren sind die drei grundlegenden Schritte auf dem Pfad zu Asyl. Beim Zulassungsverfahren prüft das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), ob es den Asylantrag überhaupt zulässt oder ob ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Es nimmt die Gründe der Flucht erstmals auf und prüft, welcher Dublin III-Staat zuerst betreten wurde sowie ob der Aufenthalt in einem sicheren Drittstaat – das ist nicht das Herkunftsland – möglich wäre.

Lässt das BFA den Antrag zu, kommen die Asylwerbenden ins inhaltliche Verfahren. Hier gibt es drei Varianten einer positiven Erledigung: Asyl, subsidiärer Schutz und Aufenthaltsberechtigung plus.

Das Recht auf Asyl definiert die Genfer Flüchtlingskonvention: Es setzt die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung voraus, etwa wegen Religion, Rasse oder Staatszugehörigkeit. Ist das nicht der Fall, prüft man, ob subsidiärer Schutz begründet ist. Drohende Todesstrafe, Folter, unmenschliche Behandlung oder bei Rückkehr keine Möglichkeit sein Existenzminimum zu erwirtschaften, sind berechtigte Gründe.

Wenn keine Gefahr oder Verfolgung droht, können Flüchtlinge trotzdem noch „Aufenthaltsberechtigung plus“ erhalten. Das ist Amtsdeutsch für humanitäres Bleiberecht. Hier steht das schützenswerte Familienleben im Vordergrund oder, dass das Interesse am Verbleib in Österreich höher ist als das Interesse der Abschiebung. In diesem Fall müssen der Grad der Integration, die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, eine eventuelle Beschäftigung sowie vorhandene Deutschkenntnisse belegt werden.

Dublin III.

Die Dublin-III-Verordnung gilt für die EU, die Schweiz, Norwegen und Island. Sie regelt, welcher Staat für ein Asylverfahren zuständig ist. Das ist jener Dublin-Staat, in dem die/der Asylwerbende erstmals eingereist ist. Griechenland gilt im Moment jedoch nicht als sicher, es können also keine Flüchtlinge dorthin abgeschoben werden. Für die Beurteilung der erstmaligen Einreise in einen Dublin-Staat reichen Indizien. Beweise wie etwa Fingerabdrücke sind nicht notwendig. Ist Österreich nicht zuständig, muss es Asylwerbende binnen sechs Monaten ab Zustellungserklärung in den jeweiligen Staat abschieben. Dieser Staat kann aber der Zuständigkeit widersprechen. In so einem Fall muss Österreich ein inhaltliches Asylverfahren eröffnen. Es gibt jedoch Gründe, die vor der Abschiebung in den zuständigen Dublin-Staat bewahren könnten. Schwere Krankheit, die Familie befindet sich in Österreich oder Menschenrechtsverletzungen im zuständigen Dublin-Staat sind Beispiele dafür.

Die Einvernahme.

Mit Zulassung zum Asylverfahren entsteht der Anspruch auf Grundversorgung. Ab diesem Zeitpunkt sollte man sich möglichst auf die Einvernahme im inhaltlichen Verfahren vorbereiten. Freiwilligen, die Flüchtlinge während des Verfahrens begleiten, rät Perl, sich an eine Rechtsberatung zu wenden, etwa von Asyl in Not oder der Caritas. So lässt sich eine Ahnung vom Ablauf der Einvernahme bekommen und welche Fragen gestellt werden könnten. Asylwerbende haben das Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson und einer Rechtsberatung. Man möge die Begleitpersonen jedoch nicht als tatkräftige Unterstützung sehen, sondern vielmehr als Zeugen für eine etwaige Beschwerde. Es sei wichtig, die Flucht so glaubhaft und detailliert wie möglich zu schildern.

Viele Anwesende ergänzten Perls Ausführungen aus ihrer praktischen Erfahrung in der Begleitung von Flüchtlingen. Am Papier wirke so eine Erzählung recht simpel, man stelle sich aber die Situation vor: Nach womöglich Verfolgung, Folter, Verlust der Familie und den Strapazen der Flucht befinden sie sich in einem unbekannten Land mit fremder Kultur und Sprache, die eigene Zukunft ist mehr als ungewiss. In dieser psychischen Ausnahmesituation sollen sie das eigene Schicksal detailliert beschreiben und möglichst Widersprüche vermeiden.

Mehrere Gründe können zu einer Ablehnung führen, etwa eine strafrechtliche Verurteilung in oder außerhalb Österreichs – letztere jedoch nur, wenn das Delikt auch in Österreich strafbar ist. Eine innerstaatliche Fluchtalternative ist in letzter Zeit der Grund für Ablehnung vieler Afghanen. Es gäbe sichere Bezirke in Afghanistan, die auch gefahrlos zu erreichen wären – trotz fast täglicher Anschläge, fehlender Infrastruktur und kaum Möglichkeiten für Rückkehrer ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Ist der Asyl-Bescheid negativ, kann man sich in zweiter Instanz an das Bundesverwaltungsgericht und in dritter Instanz an den Verwaltungsgerichtshof wenden. Die Frist dafür beträgt jeweils zwei Wochen. Laut Perls Erfahrung urteilen die Gerichte in vielen Fällen positiv, auch wenn die Behörde in erster Instanz den Asylantrag abgelehnt hatte.

Veränderungen im Asylrecht.

Die letzten Themen des Abends waren die jüngsten Veränderungen im Asylrecht. Die gröbsten Veränderungen betrifft das Asyl auf Zeit. Stellte man den Asylantrag vor dem 15. November 2015 und er wurde zuerkannt, bekam man eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung. Diejenigen, die erst nach diesem Stichtag den Antrag gestellt haben und Asyl zuerkannt bekommen, erhalten nur auf drei Jahre befristet Asyl in Österreich. In diesen drei Jahren führt die BFA jährlich eine Analyse durch, um zu sehen wie sich die Situation in dem Herkunftsland geändert hat. Ist das BFA der Meinung, das Herkunftsland sei sicher, wird das Aberkennungsverfahren eingeleitet. Hat sich jedoch nach diesen drei Jahren im Herkunftsland nichts verändert, verlängert sich der Status unbefristet.

Eine weitere Änderung betrifft die Erschwerung des Familiennachzugs. Stellt man den entsprechenden Antrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Asylstatus, muss man nachweisen, dass man die Familie selbständig finanziell versorgen kann. Diejenigen, die subsidiären Schutz erhalten, haben jedoch erst nach drei Jahren die Möglichkeit einen Antrag auf Familiennachzug zu stellen und müssen dann auf jeden Fall den finanziellen Nachweis erbringen.

Zu fortgeschrittener Stunde konnte Perl die umstrittene Asyl-Notverordnung nur noch streifen. Sie besagt, dass ab einer bestimmten Obergrenze an Anträgen – derzeit 37.500 pro Jahr – diese in Österreich überwiegend nicht mehr bearbeitet werden. Somit ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Hinderung an Einreise zulässig.

Da viele Themen nicht angesprochen werden konnten, stellten die Veranstalter*innen einen Zusatztermin in Aussicht.

Der Autor Thomas Mördinger ist Redakteur bei der GBW Wien.