Die Kumpel vom Tío
Werner Hörtner hat die Veranstaltung über die Bergarbeiter von Potosí – Bolivien – angeregt. Er kam letztes Jahr im Mai ins Gbw Wien Büro und brachte einen Antrag für die Veranstaltung vorbei. Kurze Zeit später verstarb er ganz unerwartet. Die Veranstaltung hat nun ca. ein Jahr später stattgefunden und seine Familie und Freunde haben tatkräftig mitgewirkt.

© Eva-Maria Zweimüller / GBW Wien
Philip Taucher begrüßte namens der GBW Wien die Familie und zahlreiche FreundInnen von Werner Hörtner.
Der Journalist Ralf Leonhard erinnerte an die Person Werner Hörtner, der viele Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit tätig war und unermüdlich Kontakte und Verbindungen herstellte, schrieb und organisierte. Unter anderem war er Mitinitiator der IGLA (Informationsgruppe Lateinamerika), Mitherausgeber der Zeitschrift Lateinamerika anders und 20 Jahre Redakteur beim Südwind. Er schrieb zwei Bücher über Kolumbien (Kolumbien am Scheideweg, 2013 und Kolumbien verstehen 2006). Leonhard hob die Freude und Leichtigkeit hervor mit der Werner Hörtner durchs Leben ging und sich immer wieder neu verliebte in soziale Bewegungen und Situationen. Er wird allerorten fehlen.
Prof. Lessmann nahm seinen Beitrag zum Anlass über die aktuelle Situation in Bolivien zu berichten, über das Referendum zur Wiederwahl des Präsidenten, das mit 51% Nein-Stimmen knapp gegen Evo Morales und die MAS ausgegangen ist.
Anschließend leitete Helga Castellanos zum Buch von René Koppe über, das sie übersetzt hat und das mit Fotografien des Schweizer Fotografen und Filmemachers Jean Claude Wicky illustriert ist.
Der in La Paz geborene Autor René Koppe hat selbst als Bergmann in den Zinngruben Boliviens gearbeitet und gilt als wichtigster Vertreter der zeitgenössischen Bergarbeiterliteratur ‚Literatura Minera’.
Bevor Castellanos einige Erzählungen vorlas, erklärte sie die Lebens- und Gedankenwelt der bolivianischen Kumpel und ihre sprachliches Ausdrucksweise. Sie stellte die wichtigsten Götter und Geister vor, die in den Erzählungen Poppes vorkommen, von der Pachamama, der Mutter Erde über Tío, den Herrn der Schätze des Berges bis zur Alten, eine gefährliche Geistin, die sich in eine Steinplatte verwandelt und sich von oben auf ihn fallen lässt, wenn sie sich in einen Kumpel verliebt. Den Göttern und Geistern werden Cocablätter, Zigaretten und Schnaps geopfert um sie gnädig zu stimmen. Gefahr und Angst sind die ständigen Begleiter der Bergarbeiter, die in den Minen auf 4000 Metern arbeiten und nur eine Lebenserwartung von 40 bis 45 Jahren haben. Felsstürze, Gase, riesige Temperaturunterschiede, schlecht gesicherte, unübersichtliche Stollensysteme sind tägliche Begleiter der armen und schlecht ernährten Kumpel, die beim Einfahren in die Grube nicht wissen, ob sie nach ihrer unvorstellbar harten Arbeit wieder lebend ans Tageslicht kommen.
Die Geschichten Poppes sind prägnant und lebendig, tragisch und ergreifend. Die Übersetzungen von Helga Castellanos vermitteln den Sprachduktus der Kumpel und die Fotos von Jean Claude Wicky gehen mit den Texten eine Symbiose ein.
Nach der Pause wurde der Dokumentarfilm „Tous les jours la nuit“ (CH 2010) gezeigt, den J.C. Wicky über die Kumpel der Zinngruben gedreht hat.
Während der ganzen Veranstaltung konnten sich die BesucherInnen bei einem Büchertisch der Anarchistischen Buchhandlung über aktuelle Bücher aus der Region informieren.
Links:
http://www.suedwind-magazin.at/images/doku/Werner-Hoertner-Gedenkfonds.pdf
Autorin: Michaela Pammer