Gewaltloser Widerstand in Kolumbien.
Fokus Kolumbien.
Unter dem Titel ¡VAMOS AL CINE! stellt die Filmreihe der Grünen Bildungswerkstatt Wien (GBW) südamerikanische Initiativen vor, die gesellschaftlich und politisch als Anregung verstanden werden können. Gerade Kolumbien ist durch Gewalt, Unterdrückung und Krieg besonders betroffen: In den letzten 20 Jahren sind durch bewaffnete Konflikte und politische Spannungen mehr als 50.000 Menschen getötet worden.
Vor diesem Hintergrund betont die Gemeinde San José de Apartado einen friedlichen Weg des Widerstands gegen die Interessen der Regierung und der internationalen Konzerne.
In ihrem 40 Minuten dauernden Film demonstriert Doujenis, wie prekär die soziale Lage der Friedensgemeinde ist. Der Dokumentarfilm zeigt den Widerstand der Friedensgemeinde San José de Apartadó im Norden Kolumbiens gegen Gewalt, Krieg und Vertreibung.

GBW

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„Ohne euch wären wir nicht mehr hier“.
Seit über 15 Jahren erduldet die Gemeinde Terror, Krieg und Vertreibung. Einen besonderen Höhepunkt der Grausamkeit stellt etwa die Folter und Tötung von Eduardo Guerra dar, der die Friedensgemeinde gegründet hatte. Zusammen mit sieben anderen Mitgliedern der Friedensgemeinde wurde er 2005 ermordet.
Trotz anhaltender Bedrohung möchten die Einwohner ihre Felder, von denen sie ihre Familien ernähren, nicht verlassen. Sie setzen weiterhin auf gewaltfreien Widerstand gegen Krieg und Menschenrechtsverletzungen.
Der Film entstand im Rahmen einer Solidaritätsreise des internationalen Versöhnungsbundes, der die Gemeinde seit mittlerweile zehn Jahren mit Menschenrechtsbeobachter*innen begleitet. Die Beobachter*innen leisten Beistand, dokumentieren die soziale Situation und erstellen Berichte, um auf die besondere Lage der Friedensgemeinde aufmerksam zu machen.
„Ohne euch wären wir nicht mehr hier“, sagte ein Mädchen aus San José zu den Beobachter*innen und brachte damit die Bedeutung ihrer Arbeit auf den Punkt. Regisseurin Doujenis wählte dieses Zitat als Filmtitel.
Militärische Macht und wirtschaftliche Interessen.
Auch in ruhigen Situationen gibt es für die Einwohner der Friedensgemeinde keinen Grund zur Entspannung. Scheinbare Ruhe entpuppt sich angesichts der Truppenbewegungen als Vorbereitungszeit für erneute Angriffe auf die Bevölkerung.
Die Region Uraba, in der die Friedensgemeinde beheimatet ist, wird regelmäßig Schauplatz von Kampfhandlungen. Einerseits bekämpfen sich die kolumbianische Armee und die Farc, andererseits Paramilitärs und Guerrilla. Solche Kampfhandlungen erschweren das Leben der zivilen Bevölkerung, vor allem der Bauern.
Hintergrund der militärischen Präsenz in der Umgebung der Friedensgemeinde ist das Interesse der Regierung, die reichhaltigen Vorkommen an Erdöl, Kohle und Mineralstoffen abzubauen. Der Druck internationaler Konzerne zum Abbau dieser Ressourcen führt dann über Vertreibung und Terror zur Enteignung der Einwohner*innen. Signifikant erhöht hat sich die Zahl paramilitärischer Gruppen in der Region auch im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen zwischen Kolumbien und der EU.
Konzerne, Kapitalismus und Kontrolle.
Unter der Moderation von Zoraida Nieto von der Grünen Bildungswerkstatt Wien diskutierten im Anschluss die Regisseurin Dominique Doujenis und der Kolumbienexperte Werner Hörtner.
Strategie der Paramilitärs sei es, Terror zu säen, um die Einwohner*innen von ihrem Land zu vertreiben, damit das Land an multinationale Konzerne verkauft werden kann, erzählte Doujenis. Da werde deutlich, wie der Kapitalismus das Land ausbeutet. Hörtner erläuterte, es seien auch europäische Konzerne in Kolumbien tätig, welche die soziale Lage für ihren Gewinn nutzten.
„Der Film war ein Versuch den Blickwinkel einer Europäerin zu zeigen – und zwar nicht das übliche Image von Kolumbien, das von Schmuggel, Drogen und Gewalt gekennzeichnet ist“, erzählte Doujenis. Sie betont die Würde des gewaltlosen Widerstands in der Friedensgemeinde. Die Begleitung durch internationale Beobachter*innen helfe den Einwohner*innen der Friedensgemeinde als Schutz gegen die Vertreibung. Das sei wichtig, meinte Doujenis, immerhin sei Kolumbien das Land mit der höchsten Zahl an Binnen-Flüchtlingen.
Kolumbien legt Wert auf ein gutes Image im Ausland, daher seien ausländische Aktivist*innen besser geschützt als inländische, ergänzte Werner Hörtner. Der Erfolg ausländischer Aktivist*innen zeige, welche Verbindung es zwischen Paramilitärs und staatlichen Organisationen gibt. Denn Ausländer würden von Paramilitärs nicht bedroht, da sich Kolumbien internationale Krisen ersparen möchte.
Die Vielzahl an Wortmeldungen, Fragen und Diskussionsbeiträgen zeigte das große Interesse des Publikums an der Situation der Gemeinde San José de Apartado.
Dominique Doujenis
Als Regisseurin hat sich Doujenis ausführlich mit der Situation in Kolumbien beschäftigt. Im Jahr 2012 nahm sie mit zwei Dokumentationen teil am „This Human World Filmfestival“. Die griechisch-österreichische Filmemacherin engagiert sich im Versöhnungsbund (FOR) für zivile Konfliktbearbeitung für eine Kultur des Dialogs.
Der Autor Jakob Haidvogel studierte Politikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft. Er ist Mitglied des Redaktionsteams der Grünen Bildungswerkstatt.