IGS-Reihe Politische Bildung: Ebola.

Ärzte ohne Grenzen
Ebola-Epidemie in Westafrika.
Gleich zu Beginn räumt Reinhard Dörflinger mit einem Vorurteil auf. Er widerspricht der Kritik, dass in den letzten Jahren zu wenig über den Ebola-Virus geforscht worden sei. Schließlich hätten andere Fiebererkrankungen und AIDS in der Vergangenheit wesentlich mehr Menschen in Afrika betroffen. Es sei daher naheliegend gewesen, die vorhandenen Ressourcen auf die Erforschung dieser Krankheiten zu konzentrieren.
Das erste Opfer der aktuellen Ebola-Epidemie war ein dreijähriger Bub, der beim Spielen eine infizierte Fledermaus gefunden hatte. Als Grund für die rasche Verbreitung des Ebola-Virus in Westafrika nennt Dörflinger die hohe Mobilität in dieser Region. Daher hat sich der Virus sehr schnell von einem Ort zum nächsten ausgebreitet, sobald er das erste Ballungszentrum erreicht hatte. Weshalb das nicht bereits bei früheren Ebola-Ausbrüchen in diesem Ausmaß der Fall war, ist im Moment noch unklar. Verschwörungstheorien, nach denen etwa das US-Militär aktuell Ebola als Bio-Waffe einem großen Feldtest unterziehe, weist er jedoch zurück.
Viel mehr tragen traditionelle Naturheilmethoden zur Verbreitung des Virus bei. Die Heilung soll dabei durch Handauflegen erzielt werden, ermöglicht so aber die Ansteckung der Heiler*innen, die dann die Krankheit ihrerseits an andere Patient*innen weitergeben. Hilfsorganisationen versuchen die Bevölkerung daher zu überzeugen, dass sie für die Dauer der Epidemie keine Naturheiler*innen aufsuchen sollen. Ärzte ohne Grenzen verteilt darüber hinaus auch Pakete mit Handschuhen und Schutzkleidung, die auch gut angenommen werden.
Ein ebenfalls noch unerforschter Aspekt von Ebola ist die schwankende Mortalitätsrate. Manche Mutationen des Virus sind wesentlich weniger aggressiv als andere und so sterben zwischen 45 und 80 Prozent der Erkrankten. „Möglicherweise ist es eine Strategie des Virus, weniger Opfer zu töten um sich besser verbreiten zu können“, stellt Dörflinger eine Vermutung auf.
Ärzte ohne Grenzen vor Ort.
Die Ebola-Hilfsaktion von Ärzte ohne Grenzen wird von Brüssel aus koordiniert, einem der fünf Zentren der Hilfsorganisation. Das Zentrum in Genf assistiert. Die besondere Herausforderung bestand bei Beginn der Epidemie im März 2014 darin, dass parallel eine Cholera-Epidemie im Südsudan wütete und ein Bürgerkrieg die Zentralafrikanische Republik erschütterte. Es mussten also drei neue Hilfsaktionen gleichzeitig organisiert werden. Zum Höhepunkt hatte Ärzte ohne Grenzen 4.000 Mitarbeiter*innen unter Vertrag, zu 90 Prozent rekrutierten sich diese aus der lokalen Bevölkerung. Die Einheimischen arbeiten vorwiegend in der Logistik und aufgrund der Sprachkenntnisse auch direkt mit den Patient*innen. Die internationalen Arbeitskräfte sind hingegen Spezialist*innen, die vor allem Teams aufbauen, ausbilden und leiten. „Aber man darf sich nicht vorstellen, dass das alles Weiße sind“, räumt Dörflinger gleich mit einem Klischee auf, bevor es in den Köpfen entstehen kann. „Da sind viele sehr erfahrene Mitarbeiter aus anderen afrikanischen Ländern, etwa aus dem Kongo, wo Ärzte ohne Grenzen ein Langzeitprojekt betreibt. Die gehen dann für uns zur Ebola-Bekämpfung nach Guinea.“
Die Ebola-Kliniken sind nichts anderes als Zeltstädte, in denen die tausenden Erkrankten isoliert und betreut werden. Die Hilfskräfte nähern sich ihnen nur in Seuchenschutzanzügen und sehen aus wie Astronaut*innen. Zwei Personen bilden dabei immer eine »Protection Unit«: Sie überwachen und kontrollieren einander stets gegenseitig, um die trotz Schutzkleidung gegebene Gefahr der Ansteckung zu reduzieren und Krankheitssymptome sofort festzustellen. Neben der Versorgung der Kranken kümmert sich Ärzte ohne Grenzen auch um die Entsorgung der hochinfektiösen Abfälle, die Aufklärung der Bevölkerung über Ebola und viele andere Dinge.
Finanziert wird die internationale Organisation hauptsächlich aus Spenden, rund 15 Prozent der Gelder kommen jedoch von staatlichen Stellen. Größere Beiträge leisten etwa die Humanitären Sektionen der Außenministerien der Schweiz, Norwegens und Großbritanniens. In Österreich wird Ärzte ohne Grenzen hingegen fast ausschließlich durch Spenden finanziert. Aus der Austrian Development Agency (ADA; Österreichische Entwicklungszusammenarbeit des Außenministeriums) sei man laut Dörflinger ausgestiegen. Die ADA vergebe nur sehr geringe Förderungen, für die man aber einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand betreiben müsse. Anlässlich der Ebola-Epidemie hatten aber Ärzte ohne Grenzen Bundeskanzler Faymann und Außenminister Kurz persönlich getroffen und zu konkreter Hilfe durch Österreich aufgefordert. Die Reaktion blieb jedoch bescheiden.
Thomas Mördinger ist Redakteur der GBW Wien.
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Ärzte ohne Grenzen
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