Ist FRONTEX die adäquate Antwort auf Flucht und Immigration?
Situation in Österreich.
Die Grundversorgung, so Herbert Langthaler, sei in Österreich gewährleistet. Vor dem Jahre 2004 hielten sich regelmäßig hunderte obdachlose Flüchtlinge in Österreich auf, das ist seitdem nicht mehr rechtens. Die Aufgabe der Unterbringung teilen sich nun Bund und Länder, was allerdings nicht immer reibungslos funktioniere, wie uns die Medien gerade wieder aktuell berichten. Während der Zeit des Asylverfahrens ist die Betreuung zu gewährleisten. Vom Staat unterstützte Betreuungseinrichtungen werden vom BM für Inneres verpflichtet, keine Informationen über die Situation der Flüchtlinge und den Betreuungsstandard weiterzugeben.
EU-Richtlinien verpflichten auch Österreich, den Flüchtlingen eine Rechtsberatung zur Verfügung zu stellen, die beschränkt sich allerdings auf das Allernotwendigste.
Infrastrukturen und Kapazitäten für die Flüchtlingsbetreuung sind in jeder Hinsicht völlig ungenügend. Psychotherapie für traumatisierte Flüchtlinge wird viel zu wenig angeboten, so Herbert Langthaler.
Eine Gruppe von engagierten Journalist*innen, sie nennt sich „Dossier“, bemüht sich darum, Missstände im Flüchtlingsbereich aufzudecken.
Um zumindest den unbegleitet ankommenden minderjährigen Flüchtlingen zu helfen, hat die Asylkoordination mit „Connecting People“ eine Initiative für deren Betreuung gesetzt.
Erwachsene übernehmen Patenschaften für minderjährige Flüchtlinge und damit Aufgaben wie Hilfe beim Erlernen der deutschen Sprache oder Begleitung zu Behörden, gemeinsame Freizeitaktivitäten, Unterstützung bei schulischen Problemen oder bei Fragen zu Ausbildung, Arbeit und Bildung. An oberster Stelle steht jedoch emotionale Zuwendung.
FRONTEX und Genfer Flüchtlingskonvention.
In der Diskussion über die Wege, auf denen Flüchtlinge nach Österreich kommen, kommt das Gespräch schließlich auf FRONTEX, die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“. Diese Agentur ist auch aufgrund verweigerter Hilfe für Bootsflüchtlinge im Mittelmeer in Verruf geraten. Heute, so Langthaler, werde FRONTEX durch EU-Parlament und NGOs etwas kontrolliert, ist aber nach wie vor im Wesentlichen der Abwehr von Flüchtlingen verpflichtet. Diskutierend erfahren die Anwesenden, FRONTEX sei auch außerhalb Europas tätig, liefere Material und berate Regierungen.
Basis aller Flüchtlingspolitik ist das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ – wie der eigentliche Titel der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) lautet, und es wurde am 28. Juli 1951 verabschiedet. Bis heute ist die GFK das wichtigste internationale Dokument für den Flüchtlingsschutz. Die Idee dahinter war, einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen zum internationalen Standard zu machen, aber, so Eike Pressinger, Europa entfernt sich gerade von dieser Idee und macht mit FRONTEX die Grenzen dicht. Auch für Schutzsuchende ist die „Zugbrücke“ oben und die EU sagt, wir behandeln euch gut, aber ihr müsst erst einmal hereinkommen. Aber wie soll das gehen? Ausweg ist die illegale Einreise mit Hilfe von Schleppern. Wer um sein Leben fürchten muss, hat keine Wahl. Abschotten löst die Fluchtproblematik also nicht, es sterben nur mehr Menschen bei Fluchtversuchen, so Eike Pressinger weiter, und die Grünen schlagen daher vor, dass die österreichischen Botschaften wieder Asylanträge entgegennehmen, diese im Außenamt geprüft werden und danach ein Visum ausgestellt wird. Damit würde sich die EU hohe Abwehrkosten ersparen.
Nach der Bootskatastrophe am 3. Oktober 2013 im Mittelmeer vor Sizilien, bei der mindestens 387 Menschen ertrunken sind, bröselt zumindest dort die „Festung Europa“.
Italien hat mit der Operation „Mare nostrum“ begonnen, Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. Allerdings, so der italienische Innenminister Angelino Alfano, sei dies eine zeitlich begrenzte Aktion.
Integration statt Ausbeutung.
Herbert Langthaler erinnert an die Genfer Flüchtlingskonvention und sagt, „oberstes Ziel ernsthaften Bemühens um Flüchtlinge muss deren langfristige Integration in die Gesellschaft sein. Das derzeit geltende Arbeitsverbot führt hingegen zu deren Desintegration, trägt maßgeblich dazu bei, dass sie mitgebrachtes Können und Ressourcen abbauen und, wenn sie nach oft langjährigen Verfahren endlich anerkannt sind, müssen sie wieder bei Null anfangen“.
Eike Pressinger erinnert daran, dass in Ländern wie Spanien und Süditalien Flüchtlinge beim Ernteeinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben hemmungslos ausgebeutet werden oder, wie etwa in Griechenland, in Obdachlosigkeit und bitterste Armut abgedrängt werden. Aber die Aufklärung über diese unmenschlichen Zustände sei schwierig und das Wissen um diese Missstände erhöhe leider nicht die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen.
Verteilungsschlüssel.
Um die Lasten der Flüchtlingsbetreuung in der EU gerechter zu verteilen, schlagen die Grünen, so Eike Pressinger, einen Verteilungsschlüssel nach Einwohner*innen und Wohlstand in der Zuwanderungsregion vor. Außerdem sollten Flüchtlinge dorthin dürfen, wo sie bereits Kontakte geknüpft haben. Dies könnte eher dazu beitragen, Flüchtlinge zu akzeptieren.
Eine einheitliche Politik für Flüchtlinge und Zuwander*innen in der EU ist dringend von Nöten.
Links.
SOS Mitmensch
Asyl in Not
Asylkoordination Österreich
Der Autor, Oswald Kuppelwieser, ist Obmann der Grünen Bildungswerkstatt Wien.