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Kochen für den Klimaschutz?

Die Finanzierung energieeffizienter Kochmöglichkeiten für Frauen im globalen Süden soll eine Win-win-Lösung darstellen. Leider hat die Sache nicht nur einen Haken, wie Sybille Bauriedl erläutert.

Am 19. Jänner 2016 behandelt die Ringvorlesung „Klimapolitik in der Sackgasse?“ ein ansonsten im Klimawandel-Diskurs eher vernachlässigtes Thema: Den Zusammenhang zwischen Klimapolitik und Geschlechterverhältnissen. Sybille Bauriedl, Geographin, Umwelt- und Stadtforscherin an der Universität Bonn, stellt gleich zu Beginn der Vorlesung die These auf, dass die aktuelle Klimapolitik patriarchale Geschlechterverhältnisse manifestiert.

Geschlecht und Klima.
Die Referentin geht zunächst darauf ein, wie Geschlechterverhältnisse in der derzeitigen Klimadebatte repräsentiert sind. Sämtliche Studien zeigen auf, dass Frauen stärker von Klimawandelfolgen betroffen sind. Gleichzeitig sind Frauen Umfragen zufolge eher dazu bereit, sich für Klimaschutz zu engagieren. In der globalen Klimapolitik gelten Frauen als zentrale Akteurinnen, wenn es um klimafreundliche Landnutzung geht. Der Grund dafür ist, dass hauptsächlich Frauen Subsistenzarbeit leisten.

Empowerment von Frauen?
Um das Klima zu schützen und dabei gleichzeitig Autonomie und Selbstbestimmung von Frauen im globalen Süden zu erhöhen, wird verstärkt auf die Finanzierung energieeffizienter Kochmöglichkeiten gesetzt. Weltweit haben 2,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zu gesunden Kochmöglichkeiten. Von den massiven Gesundheitsbelastungen sind vor allem Frauen betroffen. Das Kochen mit Holz oder Holzkohle ist nicht nur extrem emissionsintensiv, sondern auch sehr zeitaufwändig, weshalb Frauen wenig Zeit für Bildung oder Erwerbsarbeit haben. Die Bereitstellung energieeffizienter Kocher soll diesen Problemen entgegenwirken. Bauriedl merkt jedoch an, dass diese Maßnahme die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung manifestiert und kulturelle Kochpraktiken nicht berücksichtigt.

Nullemissionen durch Zertifikathandel?
Fraglich ist auch, welchen Beitrag diese Kocher tatsächlich zum Klimaschutz leisten. Berechnungen zufolge kann durch einen Kocher eine Tonne Brennholz pro Jahr eingespart werden. Tatsächlich gilt die Finanzierung von Kochern als beliebtes Instrument zur CO2-Kompensation. Dadurch soll es möglich sein, Emissionen im globalen Norden durch die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen im globalen Süden zu „neutralisieren“. Flugreisende können auf Web-Portalen wie ihre Emissionen kompensieren, indem sie einige Kocher für Frauen in Kenia finanzieren. Derartige Instrumente führen zu der Illusion, dass wir gleichzeitig das Klima retten und unsere Produktions- und Lebensweise beibehalten können.

Klimawandel als Chance für eine Transformation?
Abschließend präsentiert Bauriedl einige Gedanken für eine feministisch-emanzipatorisch ausgerichtete Transformationsperspektive. Kapitalismus-, Neoliberalismus- und Patriarchatkritik müssten dafür stets miteinander gedacht werden. Der Klimawandel mag als Chance für eine Überwindung gesellschaftlicher Machtverhältnisse gesehen werden; gleichzeitig besteht jedoch auch die Gefahr, dass er die gesellschaftliche und imperiale Arbeitsteilung verschärft. Dass die auf Konsens basierende Klimapolitik der UN wohl kaum zu einem Systemwandel führen wird, veranschaulicht sie am Beispiel des Klimagipfels von Paris. Geschlechterverhältnisse wurden zwar zu Beginn der Verhandlungen thematisiert, schlussendlich landete dieser Aspekt jedoch im „Potpourri der Marginalisierten“. So nennt Bauriedl eine Passage in der Präambel des Agreements, die verschiedene Aspekte von Klimagerechtigkeit ohne Bezug zu konkreten Instrumenten oder Sanktionierungen aufzählt. Für systemverändernde Prozesse benötige es andere internationale Organisationen oder zivilgesellschaftliche Bewegungen.

Die Autorin Stefanie Gerold hat in Wien Socio-Ecological Economics and Policy studiert und ist Mitglied des GBW-Redaktionsteams.