Open Data – Gläserner Staat, statt gläserner Bürger*innen.
Was ist Open Data?
Im Herbst 2013 gaben die Wiener Linien ihre Fahrplan-Daten frei. App-Entwickler*innen haben auf Basis dieser Daten das Programm „Wann“ erstellt: Ein kleiner Helfer, der den Standort automatisch erkennt und die Abfahrtszeiten der relevanten Öffis anzeigt. Und das in Echtzeit, also inklusive eventueller Verspätungen.
Weitere Beispiele für öffentliche Daten, die im Sinne von Open Data freigegeben werden, sind Geo-, Verkehrs-, Umwelt-, Budget-, oder statistische Daten.
„Es geht darum, nicht-personenbezogene Daten, die aus Verwaltung und Wissenschaft kommen, maschinenlesbar zur Verfügung zu stellen“, erklärt Robert Harm vom Verein Open 3. Die Vorteile für die Bürger*innen liegen dabei auf der Hand. Politik und öffentliche Verwaltung werden transparenter, gesellschaftliche Missstände sichtbar und qualifizierte Entscheidungen auf individueller Ebene erleichtert. „Es geht also um den gläsernen Staat, nicht um den gläsernen Bürger“, erklärt Harm.
Indem lokalen Entwickler*innen ermöglicht wird, auf Basis der Daten Apps zu bauen, würden außerdem die Wirtschaft angekurbelt und Arbeitsplätze geschaffen. „Daher ist es wichtig, dass freigegebene Daten privat und kommerziell nutzbar sind“, sagt Harm.
In Österreich seien bisher über 1.000 Datensätze verfügbar. Was bisher allerdings fehle, sei eine gesetzliche Grundlage. „Eine neue Regierung könnte Open Data jederzeit zurück nehmen“, so Harm.
Open Data in Wien.
Wien habe von Anfang an darauf gesetzt, Expert*innen aus der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung von Open Data mit einzubeziehen, sagt Klaus Werner-Lobo, Menschenrechts- und Kultursprecher der Grünen Wien: „Das ist das Erfolgsgeheimnis, warum es in Wien relativ gut läuft.“
Seit 2011 habe die Gemeinde Wien 196 Datensätze veröffentlicht. Es sei viel geschehen, aber noch einiges zu tun, weiß Lobo. So sei geplant, die Daten der Wiener Linien mit jenen von anderen Verkehrsbetrieben (ÖBB, private Busunternehmen, …) zu verknüpfen. Auch die Veröffentlichung der Budgetdaten der Stadt Wien werde seit langem verhandelt. Sollte es nicht für die gesamte Stadtregierung umsetzbar sein, planen die Grünen jedenfalls die Budgetdaten für ihr Verkehrs- und Stadtplanungsressort freizugeben, sagt Lobo.
Grundsätzlich sei es leichter Datensätze zu veröffentlichen, die auf Erfolge verweisen. Daten über Prozesse, die ein schlechtes Licht auf den Magistrat werfen könnten, versuche man hintan zu halten. Daher werden die Daten stückweise herausgegeben. „Es braucht die grundsätzliche Bekenntnis in Politik und Verwaltung, Daten als öffentliches Eigentum zu sehen und daher freizugeben“, so Lobo.
Uni Krems evaluiert.
Judith Schoßböck von der Donau-Universität Krems hat evaluiert, was in Wien in Sachen Open Data passiert. Die Vorreiterrolle der Stadt Wien könne sie unterschreiben. Auch auf der Ebene der Anwendungen sei in Wien viel geschehen: In Berlin führe jeder zehnte Datensatz zu einer Anwendung, in Wien jeder zweite.
Dabei dürfe man aber nicht aus den Augen verlieren, wer diese Anwendungen verwendet. Bei den Umfragen zur Nutzung von Open Data habe sich ein starker Gender-Gap gezeigt. Grundsätzlich sei Open Data noch nicht in das Bewusstsein der Bevölkerung vorgedrungen. „Daran muss man arbeiten“, sagt Schoßböck. Ihre Empfehlung an die Stadt Wien sei es daher, mehr Zielgruppenarbeit zu machen.
Demokratie-politischer Mehrwert?
Open Data könne einen Beitrag für mehr Demokratie leisten, ist Harm überzeugt. Wenngleich es nur eine Säule von Open Government, einer transparenten Regierung, sei. Open Data liefere die Daten, durch die ein Mehr an Partizipation der Bürger*innen erreicht werden kann. Dem schließt sich Schoßböck an. Grundlegend sei jedoch, dass die Bevölkerung Open Data auch nutzt, nur dann könne es demokratie-politisches Potential entwickeln. „Zurzeit werde Open Data aber nicht über eine Nischen-Bewegung hinaus wahrgenommen“, sagt Schoßböck. Sie will daher das Thema auch in Schulen bringen. Es gelte mehr Interesse an Open Data zu schaffen und die politische Relevanz zu unterstreichen.
Die Veröffentlichung von Daten sei grundsätzlich zu befürworten, so Lobo. Auch wenn diese für einzelne Bürger*innen vielleicht nicht immer überschaubar sind. Alleine der Umstand, dass auf alle Daten zugegriffen werden kann, würde Politiker*innen anders agieren lassen, ist Lobo überzeugt.
Er stimmt Schoßböck zu, dass das Interesse an Open Data immer noch sehr schmal sei. „Kein Thema um einen Wahlkampf zu gewinnen“, sagt Lobo. Um so wichtiger sei es, das Thema aus dem virtuellen in den realen Raum zu holen und zu visualisieren, was Daten mit dem täglichen Leben zu tun haben.
Die Podiumsdiskussion und das anschließende Gespräch mit den Besucher*innen waren ein Schritt in diese Richtung.
Links.
Wann aufs Meldeamt? Wartezeiten für die Meldestellen in Wiens Bezirksämtern
Wann: Wiener Linien in Echtzeit
Wohin gehen die Gelder für Inserate?
Der Autor, Markus Schauta, studierte Geschichte und Religionswissenschaft. Er ist Redaktionsmitglied der Grünen Bildungswerkstatt Wien und Redakteur beim Magazin über.morgen.
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