„political activism – do it yourself“
Kurz erklärt.
Der Begriff „political activism“ ist ein sehr breiter Begriff und umfasst vielzählige Aktivitäten. Meist sind direkte, absichtliche und konfrontative Aktivitäten im öffentlichen Raum damit gemeint. Das Besondere daran ist, dass Bürger*innen selbst tätig werden, um ihre Ziele zu erreichen. Der große Vorteil ist, dass es meist genügt, wenn sich eine kleine Gruppe zusammen findet, die aktiv werden möchte. Je nach Ziel, Rahmenbedingungen und Personenstärke gibt es eine Reihe von Aktionsformen. Der politische Aktivismus greift dabei die Kreativität und das Potential der Gruppe auf. Und: „Es darf Spaß machen!“, betont Elisabeth Steinklammer, Erwachsenentrainerin bei der Gewerkschaft der Privatangestellten.
Vielfalt.
Anschließend stellt sie die wichtigsten Möglichkeiten von politischem Aktivismus mit Beispielen aus der Praxis vor und klärt auch über die rechtlichen Grundlagen auf. Neben historisch bedeutsamen Aktionen wie Demonstrationen und Streiks interessieren sich die Workshop-Teilnehmer*innen insbesondere auch für „neuere“ Arten wie den „Kauf-Nix-Tag“, „Flashmobs“ und das „Permanent Breakfast“. Ein „Kauf-Nix-Tag“ richte sich meist gegen den kapitalistischen Konsumzwang beziehungsweise möchte sich mit den prekär Beschäftigten des Handels solidarisieren. Sehr erfolgreich sei diese Form von Aktivismus in Kombination mit einer Demonstration, um die Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Mit „Flashmobs“ gelinge es politischen Aktivist*innen hingegen durch kurze, impulsiv erscheinende Besetzungen, Abläufe im öffentlichen Raum zu stören und dadurch politisch wahrgenommen zu werden. Die Vorteile von Flashmobs seien der spontane Aufruf zur Aktion und die Anonymität der Teilnehmer*innen. Auch beim „Permanent Breakfast“ und bei der „Critical Mass“ werde der öffentliche Raum in Anspruch genommen. Beim Frühstücken auf Parkplätzen und bei Fahrradkundgebungen wird aufgezeigt, dass Straßen und Parkplätze nicht nur für Autofahrer*innen da sind - der öffentliche Raum wird von den Aktivist*innen zweckentfremdet.
Bevor man loslegt, sei es wichtig, zu klären, wen man direkt oder indirekt erreichen will. Ist meine Zielgruppe vor Ort oder im Internet? Im Idealfall erreicht man über Berichte und/ oder Fotos eine noch breitere Öffentlichkeit. Steinklammer empfiehlt auch eine Einbettung der Aktion in eine Strategie, denn mit nur einer Aktion alleine werde man sein Ziel vermutlich nicht erreichen. Eine Aktion vorher anzukündigen und nachher darüber zu berichten, würde eine solche Einbettung unterstützen, meint Steinklammer.
Ein Garten mitten in der Stadt.
Am nächsten Workshop-Tag berichtet Heidi Sequenz, Bezirksrätin der Grünen Donaustadt, aus erster Hand von der Gründung eines Nachbarschaftsgartens am Kaisermühlendamm. Und obwohl die Gründung ihres Gartens eine kleine Odyssee war, kann sie doch zeigen, dass es im Prinzip sehr einfach ist, einen Nachbarschaftsgarten zu gründen.
Die wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen eines solchen Projektes seien die Zustimmung des Bezirksvorstehers beziehungsweise der Bezirksvorsteher*in, ein gültiger Pachtvertrag mit dem/der Eigentümer*in des Geländes und die Gründung eines Vereins. Das Besondere an Gemeinschaftsgärten ist für Heidi Sequenz der bunte Mix der Gärtner*innen. Jede*r bringt seine Erfahrungen in das Gartenprojekt ein. Die gemeinschaftlichen Gartenarbeiten förderten das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gärtner*innen zusätzlich. Heidi Sequenz ruft die Workshop-Teilnehmer*innen auf, selbst aktiv zu werden und einen Gemeinschaftsgarten zu gründen, denn „Politik ist unbedingt auch etwas Aktives!“.
Guerilla Gardening in Währing.
Die Guerilla-Gärtnerin und stellvertretende Klubobfrau der Grünen Währing, Raphaela Njie, erzählt anschließend von ihrem Beitrag für ein grüneres Wien. Gemeinsam mit anderen politischen Aktivist*innen in Währing begrünt sie Baumscheiben und ungenutzte Grünstreifen im öffentlichen Raum mit Blumen, Sträuchern und Gemüsepflanzen. Dabei gehe es ihr nicht darum, ihre Pflanzen später ernten zu können, sondern vielmehr um das politische Tun, um die Begrünung der Stadt. Während das Bepflanzen von ungenutzten Grünflächen in der Stadt bis vor kurzem eine gesetzliche Grauzone war, also weder erlaubt noch verboten war, wird es seit der Rot-Grünen-Koalition toleriert und teilweise sogar unterstützt. Man könne beispielsweise um die Betreuung einer Baumscheibe bei der MA42 ansuchen. Diese prüfe die „Verfügbarkeit“ und stellt Erde und Hinweisschilder zur Verfügung.
Für ein Guerilla-Gardening-Projekt sei es wichtig, dass man im Team arbeitet und es auch eine verantwortliche Person für die jeweilige Fläche gibt, so Njie. Die Vorteile von Guerilla Gardening seien, dass die Gruppe relativ offen ist und nur wenig Mittel braucht, um die Stadt ein kleines bisschen schöner zu machen. Abschließend gibt sie noch ein paar Tipps für die sofortige Umsetzung von Guerilla Gardening: Wie werden Seedbombs gebastelt (Samenkugeln aus Erde und Pflanzensamen)? Oder wie zeichnen wir aus einem Buttermilch-Moos-Gemisch grüne Graffitis auf Wände und Straßen?
Zum Abschluss des zweitägigen Workshops war nun Praxis angesagt: Ein bisher ungenützter Fleck Erde wurde von den Workshop-Teilnehmer*innen mithilfe der Erfahrung und Tipps von Raphaela Njie mit einem Flieder-Strauch, Rosenstock und Lavendel verschönert. Und nur mit Schaufel, Erde und Pflanzen setzten die Neo-Aktivist*innen damit die erste politische Aktion in die Tat um.
Die Autorin, Daniela Wiebogen, hat Internationale Entwicklung studiert und ist Mitglied des GBW-Redaktionsteams.
Für alle, die jetzt selbst politisch aktiv werden möchten, gibt es
- eine Checkliste für die Planung der eigenen Aktion
- rechtliche Fragen zum politischen Aktivismus, beantwortet vom Grünen Klub im Rathaus
- einen Leitfaden für die Gründung eines Nachbarschaftsgartens vom Nachbarschaftsgarten Donaucity/Kaisermühlen
- eine Anleitung zur Baumscheibenbegrünung
Raphaela Njie schickt die Unterlagen auf Anfrage per Mail an info(at)gbw-wien.at gerne zu.