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Zum Politischen des Krimis.

Gibt es etwas Politisches in Kriminalromanen oder gar im Kochen? Diese und noch mehr Fragen stellte Paulus Hochgatterer Eva Rossmann.

Eva Rossmann ist Verfassungsjuristin, Journalistin, Autorin, Köchin und Ö1-Moderatorin. Das ist keine Aufzählung von Hobbies, sondern von tatsächlich ausgeübten Berufen, welchen die vielseitige Beinahe-Politikerin nachgeht oder nachgegangen ist. Im Rahmen der Reihe „Literatur und politische Bildung“ stand sie am 10. Dezember 2014 dem Kinderpsychologen und Autor Paulus Hochgatterer Rede und Antwort. Die Veranstaltung war eine Kooperation zwischen der Grünen Bildungswerkstatt, dem Renner-Institut, der Politischen Akademie und den Büchereien Wien. In der Hauptbücherei am Urban Loritz Platz fanden rund 30 Leute zusammen, um dem Gespräch über Kochen, Politik und Krimis zu lauschen.

Vom Kochen zum Politischen.
Rossmann zeigte sich über Hochgatterers erste Frage zunächst verwundert: „Ist Kochen etwas Politisches?“ Sie sei eine ähnliche Frage gewohnt, ob Literatur etwas Politisches sei. Aber ob Kochen politisch sei, darüber habe sie bislang noch nicht nachgedacht, gab die Autorin zu. Aber sie fände die Frage interessant und bejahte – mit der Einschränkung: „Wenn man es nicht für sich selber macht“. Doch Rossmann fand weitere Indizien dafür, weshalb Essen und Politik in einer starken Beziehung stünden: Wenn eine gute Mahlzeit fehlt, werde man sauer und damit steige die Möglichkeit zu einer Revolution. Auch die Frage, woher Nahrungsmittel kämen, sei politischen Charakters.

Auf Hochgatterers Nachfrage, ob die heute professionelle Köchin in ihrer Kindheit Schwierigkeiten damit hatte, Essen überhaupt auf den Tisch zu bekommen, verneinte sie. Es hat selten Diskussionen darüber gegeben, was gegessen werden sollte. Die Diskussion ausgenommen, ob des Vaters fleischige Leibspeise am Karfreitag gegessen werden dürfe. Die Mutter, keine besonders leidenschaftliche Köchin, war später froh darüber, dass ihr die Tochter das Kochen bei hohen Besuchen abnahm. „Wieso gibt es so wenige große Köchinnen?“, fragte Hochgatterer und Rossmann antwortete, wie aus der Pistole geschossen: „Aufgrund der Arbeitszeiten.“ Diese seien in Restaurants sehr familienfeindlich und ließen nicht zu, sich auch um etwas anderes zu sorgen. Einen weiteren Grund sieht sie in den Männerseilschaften, die sich gegenseitig Arbeitsplätze vermitteln würden.

Hochgatterer wechselte nun das Thema des Gesprächs: „Was ist das Politische?“ Es bestehe darin, meinte Rossmann, zu fragen, wie wir zusammenleben sollen und wer die Regeln des Zusammenlebens macht. Das seien wichtige Fragen, die jeden Menschen betreffen. Sieht Rossmann bei der Jugend „Politikverdrossenheit“? Sie verneinte. Es gäbe viele interessierte junge Menschen. Die Politik sei aber negativ besetzt, was sie – unter anderem – auf die schlechte Berichterstattung zurückführe. Erstens würden Medien Politiker*innen in einen Topf werfen: „Die“ Politiker*innen seien so und so. Zweitens werde man schlichtweg unzureichend informiert. Sie habe sich etwa gefragt, was im aktuellen Kärntner Milch-Skandal die Abkürzung „HCB“ eigentlich bedeute und welche Konsequenzen er habe. Aus den Medien erfahre sie darüber kaum etwas. Drittens konzentriere sich die Berichterstattung auf den Streit und nicht auf den Inhalt. Das geschehe aufgrund des gefährlichen Gedankens, dass „es sowieso keiner verstehe“.

Vom „Torten“ zum „Koteletten“.
Hochgatterer steuerte nun auf persönlichere Fragen zu. „Wie kommt das Politische in die Jugend?“ Der Vater sei ein politischer Mensch gewesen. Und diesem musste sie widersprechen. Als dieser sich über Johanna Dohnal ausgiebig aufregte, weckte das ihr Interesse und sie engagierte sich bei den Grünen. Eine ernsthafte politische Karriere, wie sie ihr damals angeboten wurde, interessiert sie aber nicht.

Daraufhin kam Rossmann auf eine Anekdote zu sprechen: Als der damalige steirische Landeshauptmann Josef Krainer bei ihnen zu Besuch war, half sie ihrer Mutter beim Zubereiten der Koteletts. Beim Servieren landete das Stück Fleisch allerdings nicht am Teller, sondern auf dem Schoß des Besuchers! Rossmann, explizite Unterstützerin des „Tortens“ von Politiker*innen, habe also auch die Technik des „Kotelettens“ früh entwickelt, wie Hochgatterer zur Erheiterung des Publikums feststellte.

Zu den Quellen und dem Umgang mit ihnen.
Ihr erstes Buch las Rossmann von der politischen Kinderbuchautorin Mira Lobe in der Pfarrbibliothek. Erich Kästner und Karl May zählten ebenso zu ihren sehr frühen literarischen Quellen. Heute lese sie eher amerikanische und schwedische Krimis. Letztere würden besonders genau gesellschaftliche Verhältnisse analysieren.

Das Verhältnis von Erwachsenen und Kindern hätte in der Literatur eine starke politische Bedeutung. Aber noch habe sie sich nicht drübergetraut, ein Kind zur Hauptperson in einem ihrer Texte zu machen: Kinder- und Jugendbücher seien ein sehr komplexes Terrain, auf dem man viele Fachkenntnisse braucht.

Rossmann sprach sich klar gegen eine Anpassung älterer Texte an aktuelle sozio-politische Standards aus. Eine Streichung des Wortes „Neger“ aus älteren Kinderbüchern halte sie etwa nicht für sinnvoll. Passender finde sie, den anstoßerregenden Begriff in einem Abschnitt außerhalb des originalen Textes zu besprechen und in den Kontext der Zeit zu stellen. Trotzdem plädiert sie dafür, dass eine zeitgemäße Sprache alle Mitgemeinten repräsentieren soll. Wer allerdings Sprach-Verbote fordert, kenne die Sprache nicht: Diese sei stets im Wandel und könne nicht einfach festgeschrieben werden. Wichtiger sei es, respektvoll miteinander umzugehen – jenseits sogenannter „political correctness“.

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Der Autor, Andreas Dittrich, studiert Philosophie und Vergleichende Literaturwissenschaften und ist Mitglied des GBW-Redaktionsteams.