Die Frage, was Jugendliche aus verschiedenen sozialen Milieus in Wien über den Klimawandel und eine ökologisch nachhaltige Lebensweise wissen, ist deshalb auch gesellschafts- und demokratiepolitisch von großer Bedeutung und soll in diesem soziologischen Projekt gemeinsam mit einer Gruppe von Interessierten genauer untersucht werden. Hierzu werden gemeinsam Fragebögen entwickelt, Interviews durchgeführt, die Untersuchungsergebnisse interpretiert, ökologische und soziologische Positionen diskutiert, und schlussendlich die Aufbereitung und Vermittlung der Forschung gemeinsam erarbeitet. Es ist auch möglich, an einzelnen Phasen mitzuwirken. Das Projekt wird von Dr. Andreas Weber (Lektor am soziologischen Institut der Universität Wien) geleitet. Erwachsene, die sich an der Studie beteiligen möchten, sind herzlich eingeladen, an der noch bis Ende Oktober laufenden Online-Umfrage teilzunehmen (https://de.surveymonkey.com/r/9HCDR96). Wer interessiert ist an einer Projektmitwirkung (über die Online-Befragung hinaus), wendet sich an besten direkt an Andreas Weber unter andreas.weber(at)univie.ac.at (gerne natürlich auch bei etwaigen anderen Fragen zur Studie).
Sozialökologische Perspektive auf den Klimawandel
Dass der Klimawandel zu einer realen Gefahr für die Menschheit werden wird, ist von den Klimawissenschaften schon in den 70er Jahren erkannt worden. Angesichts der Richtigkeit ihrer Analysen und Prognosen, die bislang von Politik und Gesellschaft weitgehend ignoriert oder trivalisiert wurden, fordern die – inzwischen international vernetzten – Klimawissenschaftler_innen von den politischen Eliten einen raschen und grundlegenden Wechsel ihrer Prioritäten. Denn da ganz offensichtlich „die Natur das System des Kapitalismus nicht aushält“ (Dux), wird es als politisch alternativlos erachtet, von einer wachstumsfixierten Marktökonomie auf fossiler Basis abzurücken und den Übergang zu einer Gesellschaft mit einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft in den nächsten Jahrzehnten zu bewältigen. Tatsächlich gibt es hierzu keine Alternative, wenn der Klimawandel nicht in eine ökologische und in der Folge auch in eine gesellschaftliche Katastrophe münden soll. Klar ist dabei auch, dass die Ökologisierung von Gesellschaft und Wirtschaft notwendigerweise mit der Überwindung einer extrem konsumorientierten und ressourcenintensiven Lebensweise einhergehen muss. Denn die Produktion, der Transport und die Entsorgung von Konsumgütern (z.B. in Pastikflaschen abgefülltes Trinkwasser) ebenso wie die Nutzung von Dienstleistungen (z.B. Flugreisen) sind in direkter oder indirekter Weise mit einem exzessiven Verbrauch von fossilen Energieträgern wie Erdöl, Gas oder Kohle gekoppelt.
Wie können wir Gesellschaft, Wirtschaft und Lebensweise ökologisch vernünftiger gestalten? Welche Möglichkeiten haben wir hierfür? In der Demokratie gilt Bildung als einer der zentralen Schlüssel zur gesellschaftlichen Veränderung; sie ist deshalb auch im gesellschaftlichen Machtbildungsprozess ein bedeutender politischer Faktor. Die ökologisch engagierten Jugendlichen, von denen sich viele derzeit allwöchentlich zu Klimaprotesten zusammenfinden, wissen das. Zurecht weisen sie deshalb auch darauf hin, dass es im Verantwortungsbereich demokratischer Politik liegt, die Bildung der Gesellschaft, besonders im schulischen Bereich, in einer zukunftsfähigen Weise zu gestalten. Anstatt Bildung dem ökologisch destruktiven Primat der Ökonomie zu unterwerfen, muss eine moderne, zukunftsorientierte Bildungspolitik gewährleisten, dass die sachliche Analyse und kritische Reflexion der ökologischen Folgeprobleme der globalisierten Marktgesellschaft im schulischen Lernprozess in fundierter Weise behandelt wird; sie muss zudem sicherstellen, dass ein theoretisch und praktisch differenziertes Wissen über die Notwendigkeit als auch Möglichkeit einer ökologisch nachhaltigen Gestaltung von Gesellschaft, Wirtschaft und alltäglicher Lebensweise vermittelt wird.
Es ist nicht zu übersehen: Von einer umfassenden ökologisch und gesellschaftlich zukunftsfähigen Bildungspolitik, Bildungsprogrammatik als auch Bildungspraxis sind wir gegenwärtig weit entfernt. Die wissenschaftlich spannende und politisch bedeutsame Frage ist deshalb, was die Jugendlichen gegenwärtig über den Klimawandel, die Notwendigkeit einer ökologisch nachhaltigen und „klimabewussten“ Lebensweise wissen und wie sie mit diesem Wissen in ihrer konkreten Lebenspraxis umgehen. Denn eines zeigen die aktuellen, in ihrer Intensität und Internationalität neuartigen klimapolitischen Proteste: eine große Anzahl von Kindern und Jugendlichen ist nicht länger bereit, Gleichgültigkeit gegenüber der Klimawandelproblematik zu akzeptieren.
Vor diesem Hintergrund ist das Ziel, gemeinsam mit interessierten Jugendlichen diese Thematik anhand von drei Fragen zu untersuchen: zum einen wird es darum gehen, den Wissensstand von Jugendlichen in Wien zum Thema Klimawandel mit Hilfe von Fragebögen und einigen Interviews zu erkunden; weiters wollen wir uns anschauen, ob die Erwachsenen von morgen, die von den Folgen der Klimawandelproblematik besonders stark betroffen sein werden, zur Entwicklung einer ökologisch nachhaltigen Lebensweise bereit sind oder diese gar schon praktizieren. Wenn „ja“: wie sieht eine ökologisch nachhaltige, eine „klimabewusste“ Lebensweise in der Praxis aus? Und wie wird sie erlebt – als Bereicherung, Mangel, Notwendigkeit, sinnvolles Tun? Die Ergebnisse des Projektes werden schließlich mittels verschiedener Wege (Vortrag, Publikation, Radiobeitrag u.a.) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wir freuen uns auf das gemeinsame Forschen.
Projekt-Leitung:
Andreas Weber (geb. 1964), Lehrbeauftragter am soziologischen Institut der Universität Wien und Innsbruck, diverse Projekte zu ökologischen, künstlerischen, interkulturellen u.a. Themen und Fragen (zuletzt zur nachhaltigen Mobilität), Bildungsarbeit im Erwachsenenbereich (Digitalisierung, Prekarisierung und die Virtualisierung der Lebenswelten), seit vielen Jahren Beschäftigung mit dem Thema der ökologischen Nachhaltigkeit aus gesellschaftlicher und individueller Perspektive.
Zeitplan:
Empirisches Projekt |
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Workshops |
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Diverses |
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Projektmitarbeit |
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Quellen:
• Ditfurt, von Hoimar (1978), Der Ast, auf dem wir sitzen
• Dux, Günter (2013), Demokratie als Lebensform: die Welt nach der Krise des Kapitalismus, Weilerswist : Velbrück Wiss
• klimafakten.de (2019), Gastbeitrag: "Ich war einmal ein Klimaspektiker"
• Rich, Nathaniel (2019), Losing Earth, Berlin: Rowohlt
• Welzer, Harald (2019), Alles könnte anders sein, Frankfurt/M.: Fischer
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